Für die Sportlerin aus Niederurnen (je einmal Gold, Silber und Bronze an den Paralympics) erfüllt sich mit dem Nationenwechsel von Deutschland zur Schweiz ein Traum, der ihr neue Perspektiven bietet.
Carmen Brussig hatte schon länger über einen eventuellen Nationenwechsel nachgedacht. Ein solcher Wechsel ist jedoch an enorm viele Bedingungen geknüpft. Ein Wechsel der Nationalität kann mit einer langen Sperre für internationale Wettkämpfe verbunden sein. Es sei denn, die beiden betroffenen nationalen Verbände sind mit dem Wechsel einverstanden. «Als ich mit dem Behindertensport anfing, wäre ich gerne für die Schweiz gestartet. Aber man wollte mich nicht», hatte Carmen Brussig in einem Interview mit den «Glarner Nachrichten» im vergangenen Oktober gesagt. Und dieses Interview sollte für die ihn Niederurnen wohnhafte 44-Jährige positive Folgen haben. Denn es wurde auch von Erwin Schlüssel, dem Leiter Leistungssport von Plusport Schweiz gelesen, und er setzte sich schliesslich massgeblich dafür ein, dass Carmen Brussig nun für die Schweiz starten darf.
Das Schlüssel-Erlebnis
Dank der Unterstützung von Erwin Schlüssel und der schnellen und unkomplizierten Freigabebestätigung vom deutschen Verband konnte die Sperrfrist für die Teilnahme an internationalen Turnieren für Carmen Brussig aufgehoben werden. Weiter prüfte der Exekutivrat des internationalen Blindensportverbandes (IBSA) die Beweggründe der Athletin für diesen Nationenwechsel und gab ebenfalls grünes Licht. Eine zentrale Frage war natürlich diejenige vom Lebensmittelpunkt von Carmen Brussig. Diesen hat sie sie in den vergangenen 20 Jahren definitiv in die Schweiz verlagert. «Ich lebe, arbeite und trainiere seit 20 Jahren in der Schweiz. 2005 und 2019 wurde ich sogar Schweizer Meisterin», betont Carmen Brussig auf Anfrage. Der letzte Titelgewinn 2019 sei für sie besonders gewesen, da sie ihn als Schweizer Staatsbürgerin gewonnen habe. «Ich fühle mich als Schweizerin und sehe meine berufliche, sportliche und persönliche Zukunft hier», betont Brussig. Sie geniesst seit 2003 auch das Vereinsleben im Kampfsportcenter Do-Jigo Wollerau und Niederurnen. Auch die Förderung der Schweizer Jugend im Bereich Judo liegt ihr sehr am Herzen. «Auch deshalb möchte in Zukunft für die Schweiz an den Start gehen.» Nach sorgfältiger Prüfung aller eingegangenen Unterlagen wurde der Antrag zum Nationenwechsel vom IBSA-Exekutivrat schliesslich einstimmig genehmigt.
Wettkampfauftakt im April
Der erste Wettkampf mit Qualifikationspunkten für die Paralympics 2024 in Paris wird für Carmen Brussig vom 20 bis 25. April in der Türkei stattfinden. Die erste Hürde wird für alle Athleten die neue Klassifizierung mit den enorm verschärften Kriterien sein. Nach diversen Regeländerungen hofft Carmen Brussig nun auf fairere Einteilungen. Für ihre weitere sportliche Zukunft kann sie weiterhin auf ihre bisherige Trainerin Alexandra Schiesser aus Netstal zählen. Mit dem Nationenwechsel Brussigs wird Schiesser nun für alle Trainermassnahmen verantwortlich sein und kann Brussig nun wieder aktiver unterstützen.
Bericht Südostschweiz von Ruedi Gubser
Link zum Zeitungsartikel